Das Miterleben einer außergewöhnlichen psychischen Belastung führt nicht zwangsläufig dazu, dass Betroffene eine behandlungsbedürftige psychische Störung entwickeln. Von besonderer Bedeutung ist die Aufmerksamkeit gegenüber Veränderungen im Verhalten von Betroffenen (z. B. erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit) nach einem traumatischen Ereignis, weil die Folgen häufig zeitversetzt auftreten. Kommt es zu einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung, kann sich diese sehr unterschiedlich äußern. Die Bandbreite ist dabei genau so groß wie die möglichen Ereignisse unterschiedlich sein können. Neben der akuten Belastungsreaktion kommen Anpassungsstörungen, spezifische Phobien, posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen und depressive Episoden sowie anhaltende Schmerzstörungen in Verbindung mit physischen und psychischen Faktoren in Betracht. Nachfolgend werden einige Formen genauer erläutert.
Akute Belastungsreaktion und akute Belastungsstörung
Typische erste Reaktionen auf besonders belastende Einsätze wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder eine starke Erschöpfung, werden als „akute Belastungsreaktion“ bezeichnet. Oft wird für diese kurzfristigen Reaktionen auch die etwas unspezifische und verallgemeinernde Bezeichnung „akuter Stress“ gewählt. Meist klingen diese Reaktionen innerhalb weniger Stunden oder Tage wieder ab.
Dauern diese Anzeichen von „akutem Stress“ jedoch länger als drei Tage und bis zu vier Wochen an, bezeichnet man diese mittelfristige Reaktion als eine „akute Belastungsstörung“. In diesem Fall ist besondere Aufmerksamkeit erforderlich und es sollten Psychosoziale Ansprechpartner in der Einsatzorganisation, wie beispielsweise Einsatznachsorgeteams, kontaktiert werden.
Durch frühzeitiges Erkennen der Symptome einer psychischen Störung besteht die Möglichkeit, mit geeigneten Maßnahmen die Entwicklung oder Chronifizierung einer psychischen Störung zu verhindern. Wenn erforderlich, stellt das Psychotherapeutenverfahren der DGUV die zeitnahe Versorgung von der Akutintervention bis zur beruflichen Reintegration sicher. Dieses ist unter der Bezeichnung Tertiärprävention zusammengefasst. Die tertiäre Prävention umfasst auch alle längerfristigen Maßnahmen der Einsatznachsorge (psychotherapeutische Interventionen). Ziel ist die Linderung und Heilung sowie Prävention der Chronifizierung einer eingetretenen psychischen Traumafolgestörung und die Ermöglichung der Rückkehr in Alltag und Beruf bei Einsatzkräften.
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Bleiben die Anzeichen der akuten Belastungsreaktion und der akuten Belastungsstörung länger als einen Monat bestehen und verursachen ausgeprägtes Leiden oder starke Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen, so spricht man von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Zu beachten ist außerdem, dass eine Posttraumatische Belastungsstörung auch verzögert auftreten kann. Dies ist der Fall, wenn die entsprechenden Symptome später als sechs Monate nach einem besonders belastenden Ereignis auftreten.
Eine PTBS zeichnet sich durch unterschiedliche Symptome aus:
- Wiedererleben (Intrusionen) der Situation in Form von Bildern, Gedanken, Flashbacks oder Albträumen; körperliche Erregung (z. B. Zittern, Schwitzen, Herzrasen); emotionale Belastung,
- Vermeidungsverhalten durch Vermeidung von z. B. Orten, Menschen, Aktivitäten, die an das belastende Ereignis erinnern,
- Entfremdung von zuvor als wichtig empfundenen Aktivitäten; Loslösung aus dem sozialen Umfeld, anhaltendes negatives Gefühlserleben,
- Übererregung (Hyperarousal) in Form von Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhter Reizbarkeit, Schlafstörungen, übermäßiger Schreckhaftigkeit.
Wichtig ist, dass die PTBS unbedingt einer professionellen Behandlung durch speziell ausgebildetes Personal (psychologische oder ärztliche Psychotraumatherapeuten bzw. Psychotraumatherapeutinnen) unterzogen werden sollte. Sie ist gut behandelbar.
Der vorstehende Text und die Grafik wurden der DGUV Information 205-038 "Leitfaden Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte" entnommen.
In der akuten Phase nach einem traumatischen Ereignis für Einsatzkräfte der Feuerwehren sind vor allem die Teams zur Psychosozialen Unterstützung (PSU-Teams) gefragt.
Die Unfallkasse NRW gehört zu den wichtigen „Akteuren der zweiten Stunde“, wenn es um die gezielte und gesteuerte Vernetzung und Koordinierung der vorhandenen Hilfssysteme sowie um die Bereitstellung zusätzlicher Betreuungsangebote geht. In diesem Zusammenhang wird auf die Information der Unfallkasse-NRW mit dem Titel „Informationen zur Rolle der Unfallkasse NRW nach traumatisierenden Erlebnissen im Feuerwehrdienst in Nordrhein-Westfalen“ in diesem Portal hingewiesen.
Informationen über bestehende PSU-Teams in NRW sind unter folgendem Link einsehbar: https://www.feuerwehrverband.nrw/verband/themen/psu/psnv
Die NRW-Systematik von psychosozialer Unterstützung für Einsatzkräfte (PSU) (= Arbeits- und Gesundheitsschutz) und psychosozialer Notfallversorgung für Betroffene (PSNV) weicht in Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Bezeichnung der Teams (PSNV-B, PSNV-E) von der DGUV Information 205-038 ab. Die NRW-Systematik ist im gemeinsamen zweiten Positionspapier des Verbandes der Feuerwehren (VdF NRW) und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF NRW) in einem Schaubild dargestellt.